Das Literaturhaus ist gut gefüllt, bald wird jeder Platz besetzt sein und der Pulk, der eben noch um die letzten Karten sich drängte, verteilt sich auf die Sitze im Raum. Selbst der Moderator, FAZ-Literaturkritiker Hubert Spiegel, stellt seinen Platz einer Besucherin zur Verfügung und wird während der Lesung von Andreas Maier neben dem Autor oben auf dem kleine Podest verweilen. 150 Leute sind nun in dem Raum, die Kälte von draußen wird immer mehr durch von Menschen erzeugte Wärme ersetzt, frieren wird an diesen Abend keiner.
Einleitend erklärt uns Hubert Spiegel etwas zu „Kirillow“, Andreas Maiers neuem Roman, mit dem Fazit: „Über das wenige was geschieht, wird sehr viel geredet“.
Genau dieses Reden trägt auch die Handlung der zwei Passagen die Maier liest. Eine recht lange Passage zu Anfang, fast vierzig Minuten liest er an ihr. Sie spielt auf einem politischen Empfang im Haus der Eltern von einem der Protagonisten.
Maier liest konzentriert, nur wenn er ab und zu hoch blickt, Richtung Publikum, wird seine Stimme leiser, da sie sich so dem Mikrofon entzieht, welches direkt vor ihm auf dem Tisch steht. Gleich daneben ist ein zweites vom HR, das Aufnahmegerät liegt auf dem Boden und während der Autor liest, kann man an diesem den Pegelausschlag verfolgen, welchen die Stimme Maiers erzeugt. Spiegel liest die vorgelesenen Worte im eigenen Buch vor sich leise mit, manchmal hält er inne und macht Notizen. So geht es durch die ganze Textpassage hindurch. So geht es auch durch die kurze folgende Passage zum Schluss der Lesung. In ihr treten die zwei Hauptfiguren des Romans, dem Publikum durch die erste Passage hinreichend bekannt, auf. Sie stehen auf den Feldberg und blicken in die Rhein-Main Region, die sich ihnen wie eine Spielzeuglandschaft eröffnet. Sie sehen auf den Verkehr der Autobahnen und Städte, die Industrieviertel der Kleinstädte; sehen Wirtschaft, Handel, von Menschen errichtete Systeme. Ein bedrückendes Panorama menschlicher Zivilisation.
Hubert Spiegel geht auf diese Szene in seiner ersten Frage ein. Ihm falle dazu die Versuchung Christi durch den Teufel auf einem hohen Berg ein. Alles was Christus dort sähe, würde der Teufel ihm geben, so denn dieser niederknie und den Teufel anbete. „Wir wissen nun, dass dies der Feldberg ist“, so Spiegel und schließt seine Frage an: „Leben wir nicht in der besten aller möglichen Welten?“. Andreas Maier antwortet: „Der Teufel hat uns nicht gemacht“, in einer folgenden kurzgehaltenen Erläuterung schmettert Maier Spiegels tiefsinnige Frage ab. Letztlich störe ihn, Andreas Maier, nicht der Weltzustand, sondern all jene, die dann behaupten, dass das alles noch gut wäre. Hubert Spiegel ist ein bisschen verdutzt, seine Frage war auf die Ebenen der Figuren im Roman gezielt, ein persönliches Statement des Autors hatte er anscheinend nicht erwartet.
Die nächste Frage hält er somit schlichter, er fragt, ob der Roman das Porträt einer Generation sei. Maier erklärt, dass die Figuren, alle in den Zwanzigern, sie alle einer Generation angehören, auch wenn bei dem 22-Jährigen andere Einstellungen zu finden seien als bei dem abgeklärteren 27-Jährigen. Die Probleme, mit denen man sich in der Jugend herumschlägt finden auch später keine Antwort, man stört sich nur nicht mehr so daran. Maier: „Wir haben nie irgendwelche Antworten gefunden und dennoch sind wir anders geworden.“
Hubert Spiegel ist in seinen Zwischenfragen um den tieferen Sinn von „Kirillow“ bemüht, gerne würde er Maier eine Antwort über die Weisheiten des Buches abringen, doch scheitert er immer wieder an der Pragmatik des Autors und dessen Wiederholungen, dass „einfach als so sei, wie es ist“. So ergehe es auch den Figuren im Roman. „Dieses sinnlose Reden, was zu nichts führt und zum Schluss kriegen alle auf die Nase“, bringt Maier sein Buch auf den Punkt.
Spiegel versucht es anders. Er fragt nun nach der literarischen Vorlage für „Kirillow“ den Titel des Buches. Andreas Maier, sagt nur leise, etwas unbegeistert: „Ach das meinen Sie...“ und erklärt brav, wie ein Schüler, der dem Lehrer mit der richtigen Antwort einen Gefallen tun möchte, dass die Figur Dostojewski entlehnt sei, dort ist Kirillow ein Selbstmörder. In Maiers Roman ist Kirillow eine abwesende Person, die allein durch ein von ihm verfasstes „Manifest zur Weltordnung“ zeitweise die Gemüter der Mair’schen Figuren bewegt und dadurch Eintritt in Raum des Romans erhält.
Andreas Maier beobachtet das Leben, belauscht Gespräche und bringt die Erkenntnisse zu Papier, schildert genau das Erlebte. Seine Figuren spiegeln das hohle Gebaren der Gesellschaft, das zu nichts führt, nichts sein kann und nichts ändert.
„Es ist halt alles so wie es ist“, so Maier. Das sei doch stets das Ergebnis jeden Gespräches. Auch im Gemalten Haus, einer Apfelweinkneipe in Frankfurt, ebenfalls Schauplatz im Buch, wäre das stets Fazit am Ende einjeden Gespräches.
„Er ist, wie seine Figuren, man kriegt ihn nicht zu fassen“, darauf Hubert Spiegel. Man merkt, das Gespräch neigt sich dem Ende zu. Spiegel resigniert nach langer Suche nach dem tieferen Sinn, der Botschaft hinter den Zeilen.
„Das Buch sagt eigentlich gar nichts“, betont Maier zuletzt. Hier kokettiert ein Autor mit seinem Werk. Darauf die Frage aus dem Publikum: „Warum sollte man das Buch lesen und nicht gleich ins Gemalte Haus gehen?“
„Dort kann man erst mal was trinken“, so Hubert Spiegel.
Im Anschluss gibt es dann genau dieses: Äppler für alle und Frankfurter Würstchen dazu. Die nichtssagenden Gespräche in netter Runde sind obligatorisch. Denn nichts hat man sich zu erzählen, es bleibt alles so wie es ist, nur dass das auch Spaß machen kann, das hatte die Realität der literarischen Fiktion voraus.
Einleitend erklärt uns Hubert Spiegel etwas zu „Kirillow“, Andreas Maiers neuem Roman, mit dem Fazit: „Über das wenige was geschieht, wird sehr viel geredet“.
Genau dieses Reden trägt auch die Handlung der zwei Passagen die Maier liest. Eine recht lange Passage zu Anfang, fast vierzig Minuten liest er an ihr. Sie spielt auf einem politischen Empfang im Haus der Eltern von einem der Protagonisten.
Maier liest konzentriert, nur wenn er ab und zu hoch blickt, Richtung Publikum, wird seine Stimme leiser, da sie sich so dem Mikrofon entzieht, welches direkt vor ihm auf dem Tisch steht. Gleich daneben ist ein zweites vom HR, das Aufnahmegerät liegt auf dem Boden und während der Autor liest, kann man an diesem den Pegelausschlag verfolgen, welchen die Stimme Maiers erzeugt. Spiegel liest die vorgelesenen Worte im eigenen Buch vor sich leise mit, manchmal hält er inne und macht Notizen. So geht es durch die ganze Textpassage hindurch. So geht es auch durch die kurze folgende Passage zum Schluss der Lesung. In ihr treten die zwei Hauptfiguren des Romans, dem Publikum durch die erste Passage hinreichend bekannt, auf. Sie stehen auf den Feldberg und blicken in die Rhein-Main Region, die sich ihnen wie eine Spielzeuglandschaft eröffnet. Sie sehen auf den Verkehr der Autobahnen und Städte, die Industrieviertel der Kleinstädte; sehen Wirtschaft, Handel, von Menschen errichtete Systeme. Ein bedrückendes Panorama menschlicher Zivilisation.
Hubert Spiegel geht auf diese Szene in seiner ersten Frage ein. Ihm falle dazu die Versuchung Christi durch den Teufel auf einem hohen Berg ein. Alles was Christus dort sähe, würde der Teufel ihm geben, so denn dieser niederknie und den Teufel anbete. „Wir wissen nun, dass dies der Feldberg ist“, so Spiegel und schließt seine Frage an: „Leben wir nicht in der besten aller möglichen Welten?“. Andreas Maier antwortet: „Der Teufel hat uns nicht gemacht“, in einer folgenden kurzgehaltenen Erläuterung schmettert Maier Spiegels tiefsinnige Frage ab. Letztlich störe ihn, Andreas Maier, nicht der Weltzustand, sondern all jene, die dann behaupten, dass das alles noch gut wäre. Hubert Spiegel ist ein bisschen verdutzt, seine Frage war auf die Ebenen der Figuren im Roman gezielt, ein persönliches Statement des Autors hatte er anscheinend nicht erwartet.
Die nächste Frage hält er somit schlichter, er fragt, ob der Roman das Porträt einer Generation sei. Maier erklärt, dass die Figuren, alle in den Zwanzigern, sie alle einer Generation angehören, auch wenn bei dem 22-Jährigen andere Einstellungen zu finden seien als bei dem abgeklärteren 27-Jährigen. Die Probleme, mit denen man sich in der Jugend herumschlägt finden auch später keine Antwort, man stört sich nur nicht mehr so daran. Maier: „Wir haben nie irgendwelche Antworten gefunden und dennoch sind wir anders geworden.“
Hubert Spiegel ist in seinen Zwischenfragen um den tieferen Sinn von „Kirillow“ bemüht, gerne würde er Maier eine Antwort über die Weisheiten des Buches abringen, doch scheitert er immer wieder an der Pragmatik des Autors und dessen Wiederholungen, dass „einfach als so sei, wie es ist“. So ergehe es auch den Figuren im Roman. „Dieses sinnlose Reden, was zu nichts führt und zum Schluss kriegen alle auf die Nase“, bringt Maier sein Buch auf den Punkt.
Spiegel versucht es anders. Er fragt nun nach der literarischen Vorlage für „Kirillow“ den Titel des Buches. Andreas Maier, sagt nur leise, etwas unbegeistert: „Ach das meinen Sie...“ und erklärt brav, wie ein Schüler, der dem Lehrer mit der richtigen Antwort einen Gefallen tun möchte, dass die Figur Dostojewski entlehnt sei, dort ist Kirillow ein Selbstmörder. In Maiers Roman ist Kirillow eine abwesende Person, die allein durch ein von ihm verfasstes „Manifest zur Weltordnung“ zeitweise die Gemüter der Mair’schen Figuren bewegt und dadurch Eintritt in Raum des Romans erhält.
Andreas Maier beobachtet das Leben, belauscht Gespräche und bringt die Erkenntnisse zu Papier, schildert genau das Erlebte. Seine Figuren spiegeln das hohle Gebaren der Gesellschaft, das zu nichts führt, nichts sein kann und nichts ändert.
„Es ist halt alles so wie es ist“, so Maier. Das sei doch stets das Ergebnis jeden Gespräches. Auch im Gemalten Haus, einer Apfelweinkneipe in Frankfurt, ebenfalls Schauplatz im Buch, wäre das stets Fazit am Ende einjeden Gespräches.
„Er ist, wie seine Figuren, man kriegt ihn nicht zu fassen“, darauf Hubert Spiegel. Man merkt, das Gespräch neigt sich dem Ende zu. Spiegel resigniert nach langer Suche nach dem tieferen Sinn, der Botschaft hinter den Zeilen.
„Das Buch sagt eigentlich gar nichts“, betont Maier zuletzt. Hier kokettiert ein Autor mit seinem Werk. Darauf die Frage aus dem Publikum: „Warum sollte man das Buch lesen und nicht gleich ins Gemalte Haus gehen?“
„Dort kann man erst mal was trinken“, so Hubert Spiegel.
Im Anschluss gibt es dann genau dieses: Äppler für alle und Frankfurter Würstchen dazu. Die nichtssagenden Gespräche in netter Runde sind obligatorisch. Denn nichts hat man sich zu erzählen, es bleibt alles so wie es ist, nur dass das auch Spaß machen kann, das hatte die Realität der literarischen Fiktion voraus.
tinowa - am Dienstag, 1. März 2005, 10:16 - Rubrik: Arbeitszimmer