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Nicht mein liebstes, sondern mein schönstes Buch ist eindeutig Winnie The Pooh von A.A. Milne von Methuen, London

Winnie the Pooh wurde 1926 von Methuen in England herausgegeben. Die Illustrationen dieser Ausgabe stammen von E.H. Shepard. Dieser von Shepard kreierte Winnie Pooh bestimmt noch bis heute die Vorstellungen der Leser, da die viel spätere Disney-Adaption sehr nah an den Original geblieben ist und in ihr leben die Original-Illustrationen bis heute weiter, da wohl die meisten den Bären aus Disney-Filmen und Büchern kennen. Ich selbst habe Winnie Pooh als Kind als Zeichentrickfigur erlebt, erst viel später wurde mir bewusst, dass diese Figur aus dem Kinderbuch von A.A. Milne stammte. Bei der Buchmesse 2001 blieb ich in der Halle der Internationalen Verlage bei einer Verlagsnische hängen, da mein Blick von einem kleinem fast unscheinbar wirkenden Buch angezogen wurde. Es war ein dünner Band in Hardcover, in dunkelgrünen Leinen gebunden. pooh1
Von einem schmalen goldenen Band gerahmt, zierten zwei zierliche altmodisch wirkende Zeichnungen von einem Kind und einem Teddy, beide gleichfalls in Gold von dem dunklen Grün abgesetzt, die Vorderseite des Buches. Das Buch ist, obwohl nur ein schmaler Band, erheblich schwerer als vermutet. Die Oberseite der Seiten ist vergoldet, zur Seite und nach unten, d. h. dort, wo Kinder- oder Erwachsenhände am meisten beim Lesen hinfassen, bleiben die Außenkanten der Seiten jedoch weiß. Das Buch liegt nicht nur wegen seiner Schwere gut in der Hand, auch das Papier, genauer gesagt, das schwere aber dennoch glatte Papier, welches sehr akkurat gerade gebunden ist, lässt mich das Buch gerne in die Hand nehmen und durchblättern.

Schlägt man den Buchdeckel auf, ist dort eine gezeichnete Landkarte. Der Ort der Handlung wird dem Leser dort gleich zu Anfang vorgestellt, ergänzt mit den Namen der im Buch auftretenden Protagonisten, die wie von Hand geschrieben neben den entsprechenden Orten auf der Karte markiert sind. Auf der Seite auf der auch Verlag und Erscheinungsort stehen wird erläutert, dass diese Ausgabe ein Faksimile der Original-Ausgabe von Milne ist, so wie sie 1926 herausgegeben wurde, dies gelte nicht nur für Text und Illustrationen, sondern auch für die Art der Bindung. Der Satz des Textes ist sehr klassisch im Blocksatz gesetzt, auch die Abstände der Innen- und Außenstege ergeben den goldenen Schitt. Jedes Kapitel beginnt mit einer Nummerierung ("CHARTER IV"), darunter folgt der Titel. Dieser Teil ist komplett in Versalien gesetzt. Der Kapiteltext beginnt mit einer Initiale über drei Zeilen. In den Text sind fortlaufend zarte schwarz-weiße Illustration gesetzt, manchmal geht die Illustration auch über die ganze Seite. Die Kolumnenziffer ist auf der linker Seite außen, rechts daneben steht als lebender Kolumnentitel der Titel des jeweiligen Kapitel beide in stark vergrößerter Versalienschrift. Auf den linken Seiten stehen dort neben der Kolumnenziffer der Titel des Buches "WINNIE- THE-POOH". Dialoge sind leicht eingerückt, Lieder und Gedichte sind durch eine kleinere Schriftgröße gekennzeichnet. Dabei werden diese typografischen Vorgaben nicht statisch eingehalten, sondern gerade im Wechselspiel mit der Illustration passt sich der Schriftsatz dem Bild dynamisch an, z.B. bei der Geschichte, in der Winnieh Pooh in einem Loch stecken bleibt und alle Freunde eine Kette bilden, um ihn mit vereinter Kraft herauszuziehen. Die Zeichnung bildet einen U-förmige Figuration, die über beide Seiten geht und der Text wird nun, weit eingerückt an den Rändern, nur halb so breit wie auf den anderen Seiten, von der Zeichnung regelrecht umrandet. Ebenso gelungen wirkt die typografische Umsetzung von Lautsprache durch Kursiv-Setzen bei Betonungen, Gedankenstriche, wenn etwas langsamer oder gedehnt gesprochen wird oder Großschreibung ganzer Wörter, wenn diese laut gesprochen oder gar geschrieen werden.

Diese liebevolle, aufwendige und hochwertige Verarbeitung macht dieses Winnie The Pooh-Buch zu einem ganz besonderen Buch für mich. Allein das Durchblättern macht Freude, ich streiche gerne über die Oberfläche der Seiten oder über die glatte Fläche der Vergoldung. Auch wenn mir bewusst ist, dass die damit verbundene Sentimentalität bestimmt bei der Neuauflage dieses Faksimile intendiert war, so lasse ich mich gerne in das Bad der Sentimentalität fallen. Denn neben der Schönheit des Bandes, mag ich ja zudem die Abenteuer des Bären 'Winnie Pooh", die im Buch und mit den Original-Illustrationen einfach um ein vielfaches schöner sind als bei dem Disney-Pooh meiner Kindheit.