icon

 

Arbeitszimmer

Der Chaos Computer Club berichtet in seiner aktuellen Sendung (Podcast hier) von den Bürgermeisterwahlen in Cottbus, ganz modern jetzt mit Wahlcomputern. Nach dem, was die CCCs da miterlebt haben, kann sich eigentlich kaum jemand wünschen, dass diese auch bei "wichtigeren" Wahlen eingesetzt werden. Zumindest noch nicht jetzt und gar nicht so!

Daher möchte ich auch auf die Online Petition gegen Wahlcomputer hinweisen. Bei 50.000 Stimmen kommt die Sache in den Bundestag. Derzeit sind etwa 15.000 Stimmen abgegeben.

Ab morgen gibt es im Ney Yorker MoMA „The Residents: Re-Viewed“. Die Band aus San Francisco tritt seit über 30 Jahren - wenn überhaupt - immer etwas abwegig in Erscheinung und ist zudem durch ungewöhnliche Kurzfilme und Videoclips aufgefallen. Das allein wäre nun eigentlich so ungewöhnlich nicht, Verschmelzungen von Pop- und Hochkultur gibt es ja immer wieder.

Interessanter ist, dass morgen zum Auftakt 11 youtube-clips präsentiert werden. Seit August konnte man ein Audiofile vom Blog von „The Residents“ herunterladen und es wurde aufgefordert zu diesem ein Video zu gestalten und es danach auf einer speziellen youtube-Seite zu hinterlegen. 11 von insgesamt 77 Einsendungen wurden von MoMA-Kuratorin Barbara London und "The Residents" ausgewählt und sind nun morgen im MoMa zu sehen.

Mein Favorit ist dieser Clip von Milky Ramos:

Noch ein Nachtrag:
comiclesung7_klein
Am Buchmesse-Donnerstag war im Rotari eine Comic-Lesung mit Piwi und Freunden. Das Besondere daran war, dass die Comics NICHT auf eine Leinwand projiziert wurden (man sollte des besseren Verständnis wegen eigentlich das Gegenteil erwarten, schließlich ist es ja ein Bildmedium), sondern es galt beim Lesen, diese zeitgleich lautmalerisch zu umschreiben. Was Anfangs noch so dahindiletantierte wurde von Comic zu Comic besser und witziger und fand seinen Höhepunkt im Comiclesen mit verteilten Rollen aus einem Schmachtfetzen der 1960er Jahre. Plötzlich war es dann auch schon vorbei. Hätte ruhig noch länger gehen können.

Langsam geht es auf die Buchmesse zu, bei der Indien Gastland ist und ich stimme mich schon darauf ein. Schon vor Wochen habe ich von dem Akshar-Stadtschreiberprojekt der Goethe-Institute gehört. Doch erst als ich gestern in der FR einen der Texte las, der eine ICE-Fahrt von Stuttgart nach Mannheim beschreibt, schaute ich mir die Seite im Netz an.
Worum geht es? Deutsche und indische Autoren besuchen das jeweils andere Land und schreiben Internettagebuch darüber. So waren jetzt im September fünf indische Autoren in Hamburg, Berlin, München, Köln und Frankfurt zu Gast.

Zuallererst habe ich mich die Berichte über Frankfurt von der Lyrikerin Adyasha Das angesehen. Sie schreibt: Frankfurt ist von nicht vorhersehbarer Schönheit – einen Augenblick voller altem, europäischem Charme, im nächsten sehr modern und nichtssagend chic. Doch bald macht sie schon augenscheinige Unterschiede zu Indien aus: Heute möchte ich Frankfurt ein wenig erforschen. Der Verkehr ist viel geringer als in Indien und läuft sehr kontrolliert ab. Ab und zu frage ich meine Freundin Martina: »Sag, ist das eine belebte Straße?« Meistens sagt sie ja, und ich wundere mich, wie leer die Straße ist. Das Lyrische kommt auch immer wieder in ihren Tagebuch-Notizen durch, die aber schon durch den mir vertrauten lokalen Bezug interessant zu lesen sind.

Ein bisschen Leid kann einem dagegen Mogalli Ganesh tun. Er war in München, zwei Berichte sind online. Der erste vom 14. September ist unglaublich schwärmerisch und begeistert. Der zweite fasst den ganzen Aufenthalt zusammen und dann wird offenbar, wie der Autor, der zum ersten Mal in Europa war, unter Heimweh und dem deutschen Essen litt.

Das Stadtschreiber-Projekt wird auch auf der Buchmesse vorgestellt. Am Mi., 4.10., 13.30 Uhr im Internationalen Zentrum und täglich um 13.00 Uhr am Arte-Stand mit jeweils einem indischen und deutschen Autor, die beide von ihren unterschiedlichen Erfahrungen berichten. Ich bin gespannt auf Donnerstag, denn da sind der Frankfurter Gast Adyasha Das und Angela Krauß am Stand (von der letzteren heißt es im Leser-Forum, sie hätte sich in Indien nur aus dem Haus getraut, wenn sie musste – das verspricht interessant zu werden).
stadtschreiber4_klein
Nachtrag vom 9.Okt:
Es ist vielleicht schon ein bisschen spät, aber während der Buchmesse kam ich leider nicht dazu. Auf jeden Fall habe ich mir besagten Termin angetan und festgestellt, jenem, der die Webtagebücher gelesen hatte, dem hat sich wenig neues erschlossen. Es gab eine Lesung einzelner Passagen und Erklärungsversuche, beispielsweise, warum es Angela Krauß so schwer fiel, in Indien täglich zu schreiben. Kurzes Fazit: Dichten kommt vom verdichten und dazu braucht man Abstand und Reflexion, das ginge täglich nun gar nicht so gut. Die Ahnung, dass Frau Krauß ein nicht unproblematischen Aufenthalt in Indien hatte, der hat sich damit verstärkt. Soweit sogar, dass ich mir überlegt habe, ob wohl all die Autoren, die so gern das Mystische oder farbenreich Duftende Indiens betonten, vielleicht auch nur Bedenken hatten, sich selbst in die Menschenmengen hineinzutrauen und deswegen das agile Leben - mit all seinen Unerschließbarkeiten - lieber aus der sicheren Ferne studiert haben.
Ich hätte mir lieber mehr erzählen als vorlesen lassen, insbesondere von Adyasha Dasaus. Irgendwann bin ich dann gegangen, in diesem Moment muss Frau Dasaus zu Singen begonnen haben, indische Weisen begleiteten meinen Weg in den Trubel der Halle 3.1

Durch eine Podcastsendung im Archiv des Chaosradios bin ich auf ihn gestoßen: Tom Lehrer.

Absolut verkürzt könnte man seine Biografie so erzählen: Tom Lehrer (*1928) studierte Mathematik in Harvard, hatte aber nach seinem Abschluss so viel Spaß an seinen Liedern, dass er selbstfinanziert eine Platte aufnehmen ließ und diese per Post verkaufte. Über Mundpropaganda wurde er bekannt und tourte dann längere Zeit durch die Staaten. In den 1960ern schrieb er Songs für eine politisch-satirische TV-Show "That Was The Week That Was" und lehrte zudem Mathematik in Harvard. In den 1970ern konzentrierte er sich wieder stärker auf das Unterrichten.

Bei Chaosradio wurde sein "Werner von Braun" gespielt. Dieser ist sicherlich einer seiner bekanntesten Songs, doch einmal neugierig geworden, suchte ich weiter und fand daraufhin - ungewöhnlich genug - ein Lied über das Periodensystem: "The Elements".
Als ich dann noch bei youtube schaute, wurde ich mit lauter schönen Ergebnissen belohnt. Was ich bis dahin nicht wusste: Tom Lehrer hat in den 1970er Jahren zehn Lieder für "Electric Company" und damit für "Sesame Street" geschrieben. Alle Lieder sind Alphabetisierungshilfen. Das Beste ist "Silent E", welches aus einem "dam" eine "dame" oder aus einem "hug" wird alles "huge".

Ein Lied zu seiner eigenen Disziplin fehlt auch nicht: "New Math"

Ich habe eigentlich erst vor 6 Wochen youtube für mich entdeckt und wenn ein bisschen Zeit da ist, schau ich mich nun ziellos dort um, zu sehen was sich finden lässt.

Dabei bin ich auf diesen Kurzfilm gestossen, der den vielversprechenden Titel "Kunst" trägt. Zwei alte Schulfreunde sitzen im Café und einer beginnt über Kunst zu lamentieren. Sehr nett!

Aktuelle Umfrage:
Was halten Sie von dem Vorschlag, das Theater zu schließen, um Lübecks Haushalt zu sanieren?


Interaktivität in allen Ehren, aber manchmal ist das gar nicht lustig. Auf der Homepage der Hansestadt Lübeck kann derzeit abgestimmt werden, ob das Theater geschlossen werden sollte. Das Votum ist allerdings eindeutig!

Nachtrag 28.03.06, 9.00 Uhr:
Und schon ist die Umfrage von der Startseite verschwunden, vor 30 Minuten war sie noch da. Nachdem gestern um 18.00 Uhr 1800 Stimmen abgegeben wurden, war die Zahl um 21.30 Uhr schon auf 3100 angestiegen mit klaren Votum für den Erhalt des Theaters. Das Ergebnis der Umfrage ist nun
hier zu finden.

Wenn man sich die anderen Umfragen anschaut, sieht man dass diese regelmäßig im Abstand von einem Monat ausgetauscht wurden. Nur dieses Mal wurde nach 4 Tagen abgebrochen. Wäre sicher noch interessant geworden, hätte man sie länger drauf gelassen.

Burgi Kühneman: Der Führer und seine Blondi

Gefunden: "Glück. Gemälde und Alben der Burgi Kühnemann" im Museum für Angewandte Kunst Frankfurt

In Fotoalben halten wir Stationen unseres Lebens fest. Es suggeriert: „So war es!“ Aber war es so? Wer seine Lebensgeschichte erzählt, erfindet, schönt und interpretiert. Eine Leerstelle im Album wirft Fragen auf. Was ist es, was man nicht zeigen will?
Burgi Kühnemann erfindet ganze Fotoalben. Jedes einzelne Bild handgemalt, kitschige Idylle der 30er Jahre und dann plötzlich Leerstellen, wo man 1945 besser unangenehme Erinnerungen zu kaschieren versuchte.

Die Nazizeit der Dreißiger Jahre, die Zeit in die sie hineingeboren wurde, wird von der Kühnemann vielfach thematisiert und ironisch gebrochen. Mit sicherer Hand und bösem Humor degradiert Burgi Kühnemann in ihren Alben die Herren- zur Herrchenrasse.

Oft sind es auf Flohmärkten und im Antiquariat gekauft Alben und Bücher, die sie übermalt und übertextet. Manchmal bleibt nur ein Hintergrund, gleich einer Tapete stehen, dann wieder integriert sie Fotos in ihre Bilder.
So geschehen bei der Übermalung von Willy Zielkes „Einführung in die Akt-Fotografie“. Die fotografierten Akte des einstigen Kameramanns bei Leni Riefenstahls Olympia-Film sind nun eingebettet in Farbe und stets ist ihnen ein Hund gegenübergestellt. Hier wird lächerlich gemacht, wo Ästhetiken der 30er und 40er Jahre überdauern konnten, in Hoffnung einer späten Würdigung.

Überhaupt ist die Künstlerin auf den Hund gekommen. Hundebücher, Hundebilder, Thomas Mann mit Hund, Hunde mit Heine-Zitaten, Familienbild mit Hund oder einer Serie kleinformatig gemalter „Achtung vor dem bissigen Hund“-Schilder.

anwaelte kopie1

"In einer Boomtown wie Frankfurt boomt die Anwaltschaft gleich mit", heisst es heute in der FR. Aber 99 Anwälte auf jeden Frankfurter Bürger? Hmmm...

(Der Fehler besteht allerdings nur im Subtitel und Vorspann)

unbenannt - 18 Das Böse in der Literatur:

„Im Brausen der Höhlen,
Im Tosen der Welt:
Springt von der Plattform,
Wenn euch das Unheil gefällt!“
(Jacques Rigaut)

Lesung und Gespräch mit Andreas Maier (Suhrkamp), Jenny Erpenbeck (Eichborn) und Martin Gülich (Schöffling).

Wann: 12. Juli, 19:30 Uhr
Wo: Museum der Weltkulturen

Weitere Infos